Aus dem Archiv. Vgl. Myrmidons excellente Dungeondesignanweisungen auf http://arskueche.blogspot.com/Magische FallenBeliebt unter Dungeon-Designern sind magische Fallen, denn: jedwede Unzulänglichkeit lässt sich durch Magie erklären. Jedoch: Der Aufwand für eine magische Falle ist unbeträchtlich hoch, die wenigsten Baumeister werden diesen Aufwand bewerkstelligen können oder wollen. Man bedenke die bei AD&D abschreckenden Kosten für Zaubersprüche wie Wunsch oder Dauerhaftigkeit: Lebenszeit oder permanente Konstitution opfert niemand gerne.
Ein komplettes Dungeon mit magischen Fallen vollzupflastern ist in den wenigsten Fällen plausibel. Dazu muss der Erbauer schon gottgleiche Kräfte erlangt haben wie Halaster, der Erbauer des legendären Unterbergs unterhalb der Stadt Tiefwasser in den Vergessenen Königreichen (Undermountain, Waterdeep, Forgotten Realms, AD&D/D&D).
Ein anderes glaubwürdiges Beispiel ist das verborgene Dungeon “Letzte Zuflucht” unterhalb der Unsichtbaren Festung in dem Exalted-Band “Time of Tumult”, welcher von den letzten und größten Magiern eines wahnsinnigen, dem Untergang geweihten Zeitalters erbaut wurde und nur als paranoid und verräterisch bezeichnet werden kann. Diese magischen Fallen sind dazu gedacht, selbst mächtige Helden aufzuhalten und zu töten. Nur wer die paranoide und hinterhältige Denkweise der Erbauer durchschaut hat, findet hindurch.
Mechanische Fallen, Einweg-, Mehrweg-, Holzweg.Vergleichsweise kostengünstig, nämlich bezahlbar in Gold, Schweiß und Blut sind mechanische Fallen. Leider sind häufig in kommerziell erhältlichen Abenteuern nur irgendwelche Fallgruben auf eine Karte gemalt. Spätestens sobald Spielercharaktere in der Falle hängen und versuchen, sich hinauszuwinden, werden sie eine detaillierte Beschreibung einfordern!
Hier fängt der Spaß für den Spielleiter an: Einweg- oder Mehrwegfalle, wie sieht die Mechanik aus, aht sie dem Zahn der Zeit standgehalten, hätten den Spielern nicht schon gewisse Abnutzungsspuren auffallen müssen? Wie konnten die ganzen Monster eigentlich das Dungeon bevölkern, wenn hier der einzige Zugang ist?Sehen wir uns ein paar typische Fallen einmal näher an!
Die Fallgrube: EinwegversionIn der einfachsten Version handelt es sich um eine Einwegfalle. Der Deckel sieht aus wie die Umgebung (dünner Stein, bemaltes Holz oder ein mit Erde oder Zweigen bedecktes Tuch), ist aber zu dünn um das Gewicht eines durchschnittlichen Abenteurers zu tragen. Darunter ist ein tiefes Loch, vielleicht noch mit Speeren gespickt. Wird diese Falle nicht regelmäßig von Bewohnern geleert und erneuert, wurde sie vermutlich schon ausgelöst.
Die Fallgrube: MehrwegversionGemein und in vielbegangenen Dungeons beliebt: Hier klappt der Deckel wieder zu! Mechanismus: z.B. durch Federn oder Balken mit Gegengewichten. Bedenken sollte der Spielleiter jedoch Bauraum, Materialalterung und die Folgen von schlagender Belastung: Die Federn könnten im Lauf der Zeit verspröden oder den Fallendeckel nicht mehr korrekt schließen. Steinplatten, mit denen die meisten Dungeonböden gepflastert sind, würden auf dem Deckel wohl mit der Zeit durch das schlagende Öffnen und Schließen zersplittern oder sich von dem Deckelunterbau lösen (Klebung auf Holz oder Metall?). Auch Mehrwegfallgruben bedürfen also Wartung, wenn sie mehrfache Benutzung, Feuchtigkeit oder dem Zahn der Zeit widerstehen sollen.
Wunderschön ist übrigens eine Fallgrube im “Palast der Silberprinzessin”, einem sehr alten D&D-Modul: man stürzt hinein, der Deckel schließt sich. Öl fließt hinein. Eine Fackel hinterher. Die brennt zum Glück nicht mehr, da der Zündmechanismus nicht mehr funktioniert…!Übrigens: sind mehrere durch Zwischenwände getrennte Fallgruben nebeneinander angeordnet, muss auch ein Steg dazwischen existieren, auf dem man sicher laufen kann. Mehrweggruben in einer natürlichen Höhle sind nahezu undenkbar, da sie einfach schwer zu tarnen sind.
Speer- und Pfeilfallen sind meist Einwegversionen, komplizierte Lade- und Spannvorrichtungen dürften sehr anfällig sein. Bei zwergischer Qualitätsarbeit sollte man sich dennoch vorsehen. Sehnen oder Federn als Abschussmechanismus sind ohnehin den gleichen Alterungsbedingungen unterworfen wie die Verschlussmechanismen von Mehrwegfallgruben. Auch der Auslöser (meistens Druckplatten im Boden) ist zu berücksichtigen. Die einfachste Funktionsweise dürfte ein Hebel mit Zugseil sein, welches wiederum den Schussmechanismus entriegelt.
Der Klassiker: Die SteinkugelfalleEine gewaltige Steinkugel, so breit wie der abfallende Gang, fällt herunter und rollt Indiana Jones und seinen Elfen-, Zwergen- und Magierfreunden hinterher. Erstes Problem: die Kugel ist definitionsgemäß rund, Dungeon-Gänge gewohnheitsmäßig von rechteckigem Querschnitt, also werfen sich die Gefährten in die Ecken und lachen den Meister aus, als seine tolle 8W6-Schaden-Falle vorbeipoltert. Beschreibt der Spielleiter vorher allerdings einen auffällig rund geformten Gang, werden sofort alle Spieler misstrauisch und suchen angestrengt nach Fallen. Insbesondere an der Decke wird man nach großen Klappen suchen. Aber die Kugel könnte doch auch eine Walze sein, falls der Gang dahinter gerade ist. Im von mir bereits viel erwähnten “Dungeon of Death” ist der Gang allerdings eckig, was bedeutet, dass die Kugel ständig gegen irgendwelche Wände rollt und abgebremst wird. Ein spiralenförmig verlaufender Gang wäre hier geschickter gewesen. Aber für eine Walze ebenfalls ungeeignet.
Wie auch immer diese aufwändige Falle nun gestaltet ist: es handelt sich sicher um eine Einwegfalle. Ein einmaliges Herabfallen der Kugel aus 3m Höhe dürfte, wenn die Kugel nicht sofort dabei zersplittert (nehmen wir lieber mal eine Metallkugel anstelle von Stein) so schwere Schäden im Boden und an den Wänden hinterlassen, dass der Sinn und Zweck des abschüssigen Ganges jedem Abenteurer offensichtlich sein muss. Davon abgesehen wäre ein aufwändiger Lademechanismus oder ein starker Ogertrupp notwendig, um die Kugel nach Auslösung wieder in die Ursprungsposition zu bringen.
In allen mir bekannten Dungeons, in denen diese Falle auftaucht, ist sie alles andere als überzeugend und mutet dem Spielleiter einiges an Überzeugungskraft zu.
InstandhaltungJe komplizierter und ausgetüfftelter eine Falle also ist, desto höher ist auch der Instandhaltungs- und Wartungsbedarf. Für raffinierte zwergische Fallentechnik ist mit Sicherheit ein eigenes Dungeon-Level mit Zugang zu allen verborgenen Getrieben, Pendeln, Federn, Gegenmassen, Giftgasbehältern und hydraulischen Systemen unumgänglich, welches ich bisher in noch keinem nicht von mir selbst modifizierten Dungeon gesehen habe.
Dieses Thema wäre sicher wert, einmal mit einem eigenen Buch inkl. Konstruktionsplänen und Materialanforderungen behandelt zu werden. Bekannt ist mit nur die mehrbändige Fallensammlung Grimmzahns, welcher zwar oft tödlich und stets gemein ist, doch meistens fern aller physikalischen Gesetzmäßigkeiten funktioniert.
Zur Zeit hat also der Meister eines jeden dungeonlastigen Systems noch den schwarzen Peter, wenn ihn Spieler nach der Funktionsweise seiner Fallen löchern.
Fortsetzung folgt.